Johan Petersen Fjord

Der Johan Petersen Fjord ist ein mächtiger
Seitenarm des riesigen Sermilik Fjordes, in dem gewaltige Eisberge
vom Inlandeis auf das offene Meer treiben. Der Johan Petersen Fjord
schneidet sich an der Westseite des Sermilik Fjordes etwa 30 km
tief nach Nordwesten ein und endet schließlich am Rande des
Inlandeises, wo die Gletscher von ca. 1000 m Seehöhe ins Meer
herabstürzen.
Wir wollten so tief wie möglich in den Fjord
hinein und dort einen geeigneten Lagerplatz finden. Robert kannte
natürlich ein geeignetes Plätzchen, zumal er ja von dort
schon mehrmals zu seinen spektakulären Inlandeisdurchquerungen
aufgebrochen ist. Im Winter 1988/1989 wollten er und sein Kollege
von hier das Inlandeis im Winter durchqueren, was allerdings am
Hochplateau bei extremen Temperaturen abgebrochen werden musste.
Und so wartet das grönländische Inlandeis bis heute immer
noch auf eine Winterdurchquerung. Von dieser Expedition gibt es
ein beeindruckendes Buch "Die magische Grenze - Expedition
in Grönlands ewige Nacht".
Unser geplanter Lagerplatz liegt auf der südwestlichen
Seite des Fjordes, gleich nach dem Sangmileq-Fjord. Von hier können
schöne Touren an der Westseite des Fjordes unternommen werden.
Das Gebiet ist geprägt vom Inlandeis und den zahlreichen Gletschern,
die in den Fjord kalben. Von den zahlreichen Bergstürzen ist
dieses Gebiet besonders stark zerklüftet.
Allerdings verlief unsere Fahrt dorthin nicht ganz
planmäßig. Wir verließen Tasiilaq bei strömenden
Regen, da unser Boot aber überdacht war, bereitete uns dies
keine allzu großen Sorgen. Bald erreichten wir die Mündung
des Sermilik Fjordes und trotz des miserablen Wetters, konnten wir
uns an dem Anblick der wirklich gewaltigen Eisberge, die teilweise
Kirchengröße und noch mehr erreichten, nicht satt sehen.
Nach einiger Zeit lief der Motor aber nicht mehr ganz störungsfrei
und so mussten wir einmal Iqateq ansteuern. In diesem "Ort"
gibt es nur einige wenige Häuser und es leben dort ganzjährig
nur eine handvoll Jäger. Wie sich dort bald herausstellte,
konnte der Motor nicht mehr in Gang gebracht werden, so saßen
wir einmal in Iqateq fest. Über Funk wurde zwar der Notfall
gemeldet und es sollte uns ein anderes Boot weiter in den Fjord
bringen, das konnte aber noch Stunden dauern. Trotz des trostlosen
Dauerregens war unsere Stimmung sehr gut und wir sollten dann auch
dafür belohnt werden, denn nach zwei Stunden hörten wir
wieder Motorengeräusch aus dem Fjord. Dieses Boot war dann
allerdings nicht mehr überdacht und so mussten wir dann noch
einmal eine Stunde im Regen und teils flotter Fahrt ausharren, bis
wir unseren geplanten Lagerplatz in den späten Nachmittagsstunden
erreichten.
  
Bis auf die Haut durchnässt schlugen wir einmal
so rasch wie möglich unser Zelt auf dem erstbesten Platz in
unmittelbarer Meeresnähe auf. So gut es ging, richteten wir
uns halbwegs gemütlich ein und verbrachten eine etwas angespannte
Nacht, die erste in der wirklichen Wildnis. Der Grund dafür
war, dass sich in dieser Gegend doch immer wieder Eisbären
herumtreiben. Schlussendlich waren unsere Ängste aber gänzlich
unbegründet und wir sollten die ganze Zeit im Fjord keinerlei
Anzeichen von Eisbären finden.
Der nächste Morgen brachte zumindestens keinen
Regen mehr und wir begannen uns um einen besseren Lagerplatz umzusehen.
Nach einigem Suchen war er auch gefunden. Etwa 70 Meter oberhalb
des Meeres und am Fuße eines kleinen Berges mit vielen großen
Steinblöcken, die einen ausgezeichneten Schutz vor den katabatischen
Winden vom Inlandeis bieten, schlugen wir unser endgültiges
Basislager auf. Endlich konnten wir mit dem sich bessernden Wetter
unsere gesamte, komplett durchnässte Ausrüstung richtig
trocknen.
Diese Stelle des Fjordes ist auch oft Ausgangs-
oder Endpunkt vieler geführter Gruppen, die meist von Isertoq,
den Hundeschlittenweg im Winter, in den Johan Petersen Fjord bzw.
in umgekehrter Richtung wandern. Hier trafen wir auch zum Glück
auf Marion und ihre Gruppe. Marion ist Tourenführerin für
"Nordwind Reisen" und hatte gerade das Ende ihrer mehrtägigen
Wanderung erreicht und wartete auf den Bootstransfer. An jenem Abend
hatten wir ziemliche Probleme mit unserem Kocher, der einfach nicht
verlässlich funktionieren wollte. Marion überließ
uns freundlicherweise ihren Kocher, der perfekt und zuverlässig
arbeitete. Wenn wir Marion nicht getroffen hätten, wer weiß,
wie unser weiterer Aufenthalt im Johan Petersen Fjord sonst verlaufen
wäre. Bei unserer Rückkehr nach Tasiilaq trafen wir sie
wieder bei Robert im Red
House und konnten uns bei ihr für die Hilfe herzlich bedanken.
Übrigens trafen wir sie rein zufällig im Winter 2008 wieder
in Tasiilaq, diesmal aber zum Schitourengehen. Hier ist der Link
zur Bildergalerie "Winter 2008
in Tasiilaq"
  
Wir möchten hier anmerken, dass diese Touren für Individualreisende
ohne Führer nur mit sehr guter alpiner Erfahrung und einem
sehr guten Orientierungssinn unternommen werden können–
denn auch die Karte (Saga Maps, Tasiilaq – Angmagssalik, 1:250.000)
ist lediglich zur Übersicht und nicht zur genauen Orientierung
im Gelände geeignet. Es gibt dort keine Wege, keine Markierungen.
Für Notfälle ist es empfehlenswert im Red
House entweder ein Satellitentelefon oder zumindestens ein Funkgerät
zu leihen. Sonst besteht keinerlei Möglichkeit mit der Außenwelt
in Kontakt zu treten. Als reine Vorsichtsmaßnahme kann auch
ein Gewehr im Red
House geliehen werden, die Eisbärengefahr im Johan Petersen
Fjord ist zwar gering, trotzdem treiben immer wieder Tiere auf den
Eisschollen von Nordgrönland bis zum Cap Farvel (Südspitze
Grönlands) – auch in Tasiilaq werden immer wieder welche
gesichtet oder müssen sogar erlegt werden.
Im Fjord können zahlreiche, anstrengende Touren
unternommen werden, das Gelände ist teils sehr unwegsam, was
eine gute Ausrüstung, sehr gute Kondition und guten Orientierungssinn
voraussetzt. Jede Unternehmung ist mit großer Umsicht zu unternehmen,
das Gelände erfordert absolute Trittsicherheit und Konzentration.
Nachstehend ein Auszug von unseren Touren im Johan Petersen Fjord.
Wanderung zum Gipfel beim Zeltplatz
Gleich hinter dem Zeltplatz geht es über Schneefelder
und losem Gestein stetig bergauf zu dem etwa 400 m hohen Gipfel.
Schöner ist die Wanderung in umgekehrter Richtung, wo man zunächst
zum Gletscherbach hinabgeht - hier ist Vorsicht geboten, da das
lose Gestein der Moränenwälle leicht ins Rutschen kommt.
Den Bach entlang, den man nur an sehr wenigen Stellen leicht furten
kann, an einigen steilen und rutschigen Stellen zum Gletscher südwestlich
des Lagerplatzes am Fjord und wieder in nordöstlicher Richtung
zum Gipfel.
  
Von dort hat man bereits einen wunderschönen
Ausblick auf die umliegende Bergwelt, den Fjord mit den Eisbergen
und das nahe Inlandeis von dem die zahlreichen Gletscher - viele
haben, ebenso wie die Berge, keinen Namen, in den Fjord kalben.
Vom Gipfel aus orientiert man sich wieder Richtung Fjord - der Abstieg
geht schnell, da man auf den großflächigen Schneefeldern
mit den Schuhen gut hinabrutschen kann.
Entlang des Fjordes zum Hann-Gletscher
Die Tour beginnt gleich mit einem großen
Hindernis - der tief in die Landschaft eingeschnittene Gletscherbach
bietet nur wenige Möglichkeiten zum Furten. Ganz leicht ist
er nur an seinem Ursprung nach dem Gletschertor zu überqueren.
An der Mündung zum Fjord kann er mit wenigen Ausnahmen, wo
man unbedingt Sandalen braucht, auf Steinen überquert werden.
Das Wasser hat lediglich 2 °C, was einen längeren Aufenthalt
im Wasser zu einer schmerzhaften Angelegenheit macht, darüber
hinaus ist seine Strömung sehr stark. Danach geht es immer
den Fjord entlang - man geht zeitweise direkt auf Meereshöhe,
dann aufgrund von Schluchten und Schneefeldern bis zu 100 m oberhalb
des Fjordes.
Das Gelände ist sehr unwegsam, rutschig und
teils steinschlaggefährdet. Schneefelder sollten umgangen werden,
da ein Ausrutschen fatal enden kann; man würde dirket in den
kalten Fjord stürzen. Auf dem Weg muss ein weiterer Gletscherbach
überwunden werden, der jedoch einfach auf Steinen überquert
werden kann. Auch hier sind die Gletscher im Rückzug, auf der
Karte (Saga Map), die bereits 1991 publiziert wurde, sind viele
noch größer eingezeichnet. Der schmale Streifen zwischen
Felswänden und Fjord weitet sich schließlich und man
geht auf einen niederen Bergrücken direkt zum Hann-Gletscher.
Die kalbende Gletscherfront ist beeindruckend, besonders wenn große
Seracs sich vom Gletscher lösen und mit viel Getöse ins
Meer stürzen.
  
Zurück kann man entweder den Hinweg wählen,
oder man geht zunächst auf den 200 m hohen Bergrücken
südlich des Hann-Gletschers, hier geht es wesentlich besser
voran, allerdings muss wiederum ein namenloser Gletscher gequert
werden, der vor allem am Rand steil ist und einige Randspalten aufweist.
Nach der Querung geht es eine Moräne hinauf zu einem Rücken,
von wo aus es auf Schneefeldern hinab zum nächsten Gletscher
geht. Aufgrund der Spaltengefahr an den seitlichen Rändern
des Eisstromes geht es über steiles Moränengelände
und Schutt hinunter auf das Zehrgebiet, wo durch die Ausaperung
im Sommer keine Gefahr etwaiger Spalten droht.
Als letztes Hindernis vor dem Zelt muss nun noch
einmal der große Gletscherbach überwunden werden. Entweder
überquert man den Gletscher und geht gleich nach dem Gletschertor
ans andere Ufer, oder die andere Möglichkeit ist wieder die
Furt an der Mündung des Baches, wobei es diesmal noch schwieriger
ist, da man etwas aufwärts über rutschige Steine springen
muss. Diese Tour erfordert große Ausdauer - die Gesamtgehzeit
ohne Pause beträgt ca. neun Stunden.
Pingertuit
Der 1200 m hohe Doppelgipfel liegt südwestlich
unserers Zeltplatzes. Zunächst muss der 400 m hohe Gipfel hinter
dem Lagerplatz bestiegen werden, da der Weg entlang des Gletscherbaches
wesentlich mühsamer und langwieriger zu begehen ist. Danach
geht es steil über loses Gestein hinab zum Gletscher, wo der
gefürchtete Bach diesmal am Beginn seines Laufs problemlos
gequert werden kann. Anschließend wandert man über eine
steile Moräne hinauf zum Fuß des Berges. Wir versuchen
es an der Nordseite des Gipfels, wobei hier meist Schneefelder liegen,
vor allem nach Schlechtwettereinbrüchen. Bei einigen Felsstellen
sind die Hände hilfreich. Generell sollte man darauf achten,
dass man nicht zu weit in die Nordseite kommt, da dort das Gelände
immer steiler wird und in einer mächtigen Rinne, die sich von
den beiden Gipfeln herabzieht, endet. Nach einer kurzen Querung
kommt der Gipfelhang, auf dessen Schneefeld man leicht ansteigend
zum Gipfel spurt.
  
Die Abstiegsroute sollte besser auf der südöstlichen Seite
des Berges gewählt werden, zwar gibt es dort einige Kletterstellen
und es muss ein steiles Firnfeld im Abstieg begangen werden, insgesamt
ist aber das Gelände etwas flacher und besser begehbar. Unten
angekommen geht es vorbei an zwei wunderschönen Bergseen gesäumt
von der typischen Flora Grönlands - dem Wollgras und dem arktischen
Weidenröschen, der Nationalblume des Landes (grönländisch
Niaviarseq) - wieder Richtung Zeltplatz.
Schneekuppe
Eine markante - allerdings wiederum namenlose - schneebedeckte
Kuppe (ca. 1200 m) ist unser letztes Ziel. Dafür muss als Erstes
der berüchtigte Gletscherbach gequert werden, um danach gleich
am anschließenden Rücken in Richtung Inlandeis zu gehen.
Hier liegt inmitten eines riesigen Bergsturzgebietes ein wunderschöner
türkis farbener Bergsee, der gesäumt von Bergflanken wie
ein Juwel in der Sonne funkelt. Weiter geht es den Rücken hinauf
bis zum Gletscher, den wir bereits auf unserer Tour zum Hann-Gletscher
gequert haben. Diesmal steigen wir jedoch über einen felsigen
Moränenwall hinunter und begehen den Gletscher im oberen Drittel
- obwohl der Gletscher nicht spaltig aussieht, gehen wir am Seil.
Schließlich geht es über Schneefelder hinauf bis zur
Kuppe, wo wir bereits auf das uns umgebende Inlandeis hinabblicken.
Bei schönem Wetter und Windstille kann es sehr warm werden
und das Spuren am Gipfelhang ist bei viel Schnee mitunter mühsam.
Der Abstieg erfolgt ähnlich der Aufstiegsroute.
  
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